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Medienmitteilung

Polizeiliche Kriminalstatistik 2020: 43 Frauen und Mädchen haben überlebt

2020 haben die versuchten Tötungen im Bereich Häusliche Gewalt um einen Fünftel zugenommen: 61 Menschen haben überlebt, davon 43 Frauen und Mädchen. Ebenfalls zugenommen haben die polizeilich erfassten Fälle von sexualisierter Gewalt – doch dies ist nur die Spitze eines riesigen Eisbergs an Gewalt an Frauen und Häuslicher Gewalt: Brava fordert massiv mehr Ressourcen für wirksame Massnahmen, wie es die Istanbul Konvention vorschreibt.

Heute hat das Bundesamt für Statistik die Polizeiliche Kriminalstatistik 2020 veröffentlicht. Diese zeigt beispielsweise:

  • Pro Woche: Mindestens 14 Vergewaltigungen (+5.1%)

  • Pro Monat: Mindestens 5 überlebte Tötungsversuche im Bereich Häusliche Gewalt (+22%)

  • Jede 2. Woche eine Tötung im Bereich Häusliche Gewalt

  • Pro Tag: 4 Anzeigen zu sexualisierter Belästigung (+15%)

Dabei sind Frauen und Mädchen der allergrösste Anteil der Betroffenen.

Das Ausmass ist schockierend, doch es zeigt nur die Spitze des Eisbergs. Denn es handelt sich lediglich um die Gewalttaten, die polizeilich erfasst werden: Die Dunkelziffer ist um ein Vielfaches höher. Dies gerade bei bestimmten Formen von Gewalt wie sexualisierter Belästigung oder Gewalt im Internet.

Nur Spitze des Eisbergs: regelmässige Prävalenzstudien nötig

Um den Eisberg selbst zu erfassen, braucht es endlich aussagekräftigere Erhebungen in Form von regelmässigen Prävalenzstudien. Diese Prävalenzstudien würden im Gegensatz zu den Kriminalstatistiken das reelle Ausmass an Gewalt sowie deren Ausprägungen besser erleuchten. Dies insbesondere bei denjenigen Formen von Gewalt, wie bspw. sexualisierte Belästigung, die verhältnismässig selten zur Anzeige kommen. Auch gilt es die Betroffenengruppen besser zu erfassen, um die Betroffenheit bezüglich Be_Hinderung, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität und anderen Faktoren zu kennen. Nur so können wirksame Massnahmen in Prävention, Schutz und Unterstützung durchgeführt werden.

Massiv mehr Geld für Massnahmen gegen Gewalt nötig

Wirksame Massnahmen kosten jedoch Geld – und dafür fehlt bisher der politische Wille. «Wollen wir Gewalt wirklich verhindern, brauchen wir massiv mehr Geld für Prävention und die Unterstützung der Betroffenen. Wir brauchen zum Beispiel eine 24h-Beratung in der ganzen Schweiz, jährliche Präventionskampagnen des Bundes aber auch mehr Bildung gegen Gewalt», sagt Simone Eggler von Brava.

Taten bei ihrem Namen nennen: Femizide!

In der Schweiz werden Menschen getötet oder überleben Tötungsversuche, weil sie weiblich sind oder als weiblich gelesen werden. Die neue Kriminalstatistik benennt diese Tötungsdelikte jedoch immer noch nicht bei ihrem Namen: Sie weist diese Tötungen nicht als Femizide aus. Wir fordern, dass der Bund und die Kantone in Zukunft die Tötungen mit Bezug zu Geschlecht als solche benennen und ausweisen. «Der Bund und die Kantone müssen aufhören, Femizide als «Beziehungsdelikte» oder «Familientragödien» zu verharmlosen und damit den Opfern eine Mitschuld zuzuschieben. Nennt es endlich Femizide!», sagt Simone Eggler von Brava.

Forderungen von Brava

Regelmässige Prävalenzstudien durchführen

Brava fordert, dass das Bundesamt für Statistik in Zukunft regelmässige Prävalenzstudien zu Gewalt an Frauen und Mädchen und Häuslicher Gewalt durchführt, wie es die Istanbul-Konvention verlangt.

Femizide erfassen und benennen 

Wir fordern, dass Femizide als solche statistisch erfasst und von staatlicher Seite benannt werden. Nur so wird das Bewusstsein steigen, dass diese Tötungsdelikte einen Bezug zu Geschlecht haben.

Mehr Ressourcen für die Umsetzung Istanbul Konvention einsetzen

Brava fordert massiv mehr Gelder für die Umsetzung der Istanbul Konvention, damit die Schweiz die Massnahmen effektiv umsetzen kann. Beispiel dafür sind ein 24h-Beratungsangebot in der ganzen Schweiz sowie jährliche breitenwirksame Präventionskampagnen des Bundes zu Gewalt an Frauen und Häuslicher Gewalt (vergleichbar mit HIV/STI-Kampagnen).

Kontakt

Simone Eggler
Verantwortliche
Politische Arbeit
079 513 98 52