Von 100 Frauen sehen nur vier ihren Vergewaltiger verurteilt
Laut der heute erschienenen polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wurden letztes Jahr 1’371 Frauen vergewaltigt. Eine Zahl, die der Realität bei Weitem nicht gerecht wird: Tatsächlich waren es über 11’000 und davon sehen nur vier Prozent ihren Vergewaltiger verurteilt.
Laut der heute erschienenen polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wurden letztes Jahr 1’371 Frauen vergewaltigt. Eine Zahl, die der Realität bei Weitem nicht gerecht wird: Tatsächlich waren es über 11’000 und davon sehen nur vier Prozent ihren Vergewaltiger verurteilt.
Kämen alle 1’371 Frauen an einem Ort zusammen, die laut Polizei 2023 in der Schweiz vergewaltigt wurden, würden sie ein ganzes Dorf bevölkern, zum Beispiel Erlach. Doch die Wahrheit ist viel gravierender. Wird heute eine Frau in der Schweiz vergewaltigt, erstattet sie höchstwahrscheinlich keine Anzeige. Laut einer Erhebung von 2022 melden sich 8 von 10 Frauen nicht bei der Polizei. Wir müssen nicht von 1’371 Betroffenen sprechen, sondern vielmehr von 11’056. Statt von einem Dorf wie Erlach, von einer Kleinstadt in der Grösse von Lenzburg.
Von 100 nur vier
Ein zusätzlicher Blick auf die Verurteilungsrate offenbart eine erschreckende Realität: Von 100 vergewaltigten Frauen sehen nur vier ihren Vergewaltiger verurteilt. Diese Hochrechnung zeigt auf, was die Zahlen der PKS nicht erzählen: In der Schweiz werden täglich 30 Frauen Opfer massiver Sexualisierter Gewalt. Das System führt dazu, dass Betroffene Vergewaltigungen nicht anzeigen und Sexualstraftaten selten verurteilt werden.
Um die Zahl der Vergewaltigungen und die geringe Anzeige- und Verurteilungsrate zu ändern, muss das System grundlegend verändert werden.
«Um die Zahl der Vergewaltigungen und die geringe Anzeige- und Verurteilungsrate zu ändern, muss das System grundlegend verändert werden», so Julia Meier, Verantwortliche Politische Arbeit bei Brava. Mehr Druck auf die Betroffenen auszuüben, sei hier nicht die Lösung: «Wir verstehen jede Frau, die sich momentan gegen eine Anzeige entscheidet.» Das neue Sexualstrafrecht, das am 1. Juli in Kraft tritt, sei dabei ein Schritt in die richtige Richtung.
Um das System zu ändern, muss es aber ganzheitlich angegangen werden:
Präventionsarbeit: Beispielsweise in Form von nationalen Präventionskampagnen und Arbeit mit Tatpersonen
Konsequenter Opferschutz: Beispielsweise durch Krisenzentren und 24h-Beratungsstellen
Bessere Strafverfolgung: durch eine konsequente und lückenlose Umsetzung des neuen Sexualstrafrechts
Finanzielle Ressourcen: eine professionelle und nachhaltige Umsetzung von Massnahmen steht und fällt mit der Finanzierung
Kontakt
Julia Meier, Verantwortliche Politische Arbeit
julia.meier@brava-ngo.ch