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Neues Sexualstrafrecht ab heute in Kraft!

Mit dem neuen Sexualstrafrecht soll sich die Situation von Betroffenen ab heute massgeblich verbessern. Ein Gesetz ist jedoch nur so wirksam wie seine Umsetzung. Was es braucht, damit sich auch tatsächlich etwas ändert.

Am 16. Juni 2023 fiel im Bundeshaus der Entscheid zur Sexualstrafrechtsreform. Es war das Ergebnis jahrelanger intensiver Zusammenarbeit von Betroffenen, NGOs, Politiker_innen und Aktivist_innen, die sich mit Herzblut für einen besseren Schutz der Sexuellen Selbstbestimmung eingesetzt haben. Heute – etwas mehr als ein Jahr später – tritt das neue Sexualstrafrecht in Kraft.

Die wichtigsten Änderungen

  • Nein ist endlich Nein: Eine Vergewaltigung oder ein sexueller Übergriff sowie sexuelle Nötigung liegen nun bereits dann vor, wenn das Opfer dem Täter durch Worte oder Gesten zeigt, dass es nicht einverstanden ist, und der Täter den geäußerten Willen des Opfers absichtlich ignoriert. Auch der Schockzustand des Opfers, bekannt als Freezing, gilt als Zeichen der Ablehnung.

  • Erweiterte Definition von Vergewaltigung: Der Tatbestand der Vergewaltigung wurde geschlechtsneutral formuliert und umfasst nun alle Handlungen, die mit dem Eindringen in den Körper verbunden sind, nicht nur den Beischlaf. Mit dem neuen Gesetz können auch Männer vergewaltigt werden und diese Vergewaltigung als solche anzeigen.

  • Neue strafbare Handlungen: Handlungen wie das heimliche Entfernen eines Kondoms während des einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs (Stealthing) und das Verbreiten nicht-öffentlicher sexueller Inhalte ohne Zustimmung der abgebildeten Person (Revenge Porn) sind nun als solches strafbar.

  • Lernprogramme für Tatpersonen: Personen, die Delikte gegen die sexuelle Integrität begangen haben, können nun verpflichtet werden, an Lernprogrammen teilzunehmen. Diese Programme sollen helfen, Rückfälle zu verhindern und zur Prävention beitragen. 

Umsetzung in den Kantonen

Die Gesetzgebung im Bereich des Straf- und Strafprozessrechts fällt in die Zuständigkeit des Bundes. Die Kantone hingegen sind für die Organisation der Gerichte, die Rechtsprechung in Strafsachen sowie die Polizeiarbeit verantwortlich. Daher spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Sexualstrafrechtsreform. Auf Wunsch der Kantone trat die Reform erst diesen Sommer in Kraft – damit sie genügend Zeit für die Umsetzung haben. Umso bedenklicher ist, dass viele Kantone nach wie vor nicht vorbereitet sind.

Was es für eine konsequente Umsetzung braucht:

  • Die relevanten Akteur_innen (Polizei, Gerichte etc.) müssen über das notwendige Wissen verfügen, um die Änderungen richtig anzuwenden.

  • Die behördlichen Abläufe bei Delikten gegen die sexuelle Integrität (z.B. Vernehmungen) müssen angepasst werden.

  • Die relevanten Akteur_innen müssen genügend Ressourcen für die Umsetzung sowie Anwendung der Reform erhalten.

  • Ein ausreichendes Angebot an qualitativ hochwertigen Lernprogrammen für Tatpersonen muss gewährleistet sein.

  • Die Möglichkeit der Verpflichtung zum Besuch eines Lernprogramms muss angewendet werden.

  • Ein interkantonaler Austausch zu Best Practices wäre wünschenswert.

 

Ein Gesetz ist nur so wirksam wie seine Umsetzung. Deshalb werden wir uns auch in Zukunft mit dem Sexualstrafrecht beschäftigen und die Umsetzung in den Kantonen weiterhin sorgfältig beobachten.